Meister des Marienlebens –




Meister des Marienlebens: Mondsichelmadonna, um 1460. Bamberg, Residenzmuseum


Meister des Marienlebens: Kreuzabnahme, um 1465. Köln, Wallraf-Richartz-MuseumAls Meister des Marienlebens wird ein vermutlich um 1460 bis 1490 im Köln des Mittelalter tätiger Maler bezeichnet. Der spätgotische Künstler erhielt seinen Notnamen nach dem von ihm geschaffenen Bildzyklus für einen Altar zum Marienleben, der sich ursprünglich wohl in der Kirche St. Ursula in Köln befand.

Inhaltsverzeichnis

Lange Zeit wurde angenommen, dass der Meister des Marienlebens mit dem gleichzeitig in der Region tätigen Meister der Lyversberg-Passion identisch sei. Die klare Zuordnung mancher Werke ist deshalb umstritten.Da nach Benennung des Meisters des Marienlebens noch weitere anonym gebliebene Künstler zu finden sind, die ebenfalls als Hauptwerk ein Marienleben schufen (so z.B. der Meister des Aachener Marienlebens[1] bzw. zur Unterscheidung von Bildern mit gleichem Motiv (z. B. der Gemäldezyklus „Mainzer Marienleben“) anderer namentlich nicht sicher bekannter Meister wird er manchmal mit dem Zusatz Kölner Meister aufgeführt.

Da der Stil des Meisters des Marienlebens starken niederländischen Einfluss durch Rogier van der Weyden oder Dierick Bouts zeigt, wird seine Lehrzeit in den Niederlanden vermutet. Er übernimmt von ihnen die Räumlichkeit und Betonung der Einzelfiguren in der Gesamtkomposition. Mit Beginn seines Schaffens im Kölner Raum zeigt sich dann der Einfluss von Stefan Lochner. Die Farbgestaltung des Meisters des Marienlebens orientiert sich an der anderer Maler der sogenannten Kölner Malerschule seiner Zeit, jedoch beginnt er, verwandte Farben zu größeren geschlossenen Gebieten zusammenzufassen und somit einen eigenen Stil mit prächtigem Kolorit zu prägen[2]. Das umfangreiche Werk des Meisters und der von ihm geleiteten Werkstatt beeinflusste damit andere zeitgenössische Kölner Maler.

Sieben Bilder des vom Meister des Marienlebens um 1460 geschaffenen Zyklus zum Marienleben aus der Kirche St. Ursula in Köln sind heute in München in der Alten Pinakothek (Inventar WAF)[3]. Ein weiteres ist in der Londoner National Gallery (Inventar NG) erhalten.
  • Begegnung von Joachim und Anna an der goldenen Pforte, Inv.-Nr. WAF 618,
  • Geburt Mariens, Inv.-Nr. WAF 619
  • Tempelgang Mariae, Inv.-Nr. WAF 620
  • Vermählung Mariae, Inv.-Nr. WAF 621
  • Verkündigung an Maria, Inv.-Nr. WAF 622
  • Heimsuchung Mariae, Inv.-Nr. WAF 623 (mit dem Stifter Johann von Hirtz)
  • Himmelfahrt Mariae, Inv.-Nr. WAF 624
  • Darstellung Jesu im Tempel, Inv.-Nr. NG 706




Meister des Marienlebens: Maria mit Kind und dem Hl. Bernhard, um 1480. Köln, Wallraf-Richartz-MuseumNeben den Hauptwerken des Marienlebens sind vor allem ein Triptychon des Meisters des Marienlebens in Bernkastel-Kues sowie einige Werke im Kölner Wallraf-Richartz-Museum[4] von Bedeutung (Inv. Nr. WRM 136, WRM 128). Daneben werden dem Meister oder seiner Schule Wandgemälde in Köln zugeschrieben. Kunsthistorisch wichtig ist auch eines der frühesten selbständigen, weltlichen Porträts, das der Meister in Köln schuf.
  • Bildnis eines Baumeisters. München, Alte Pinakothek Inv.-Nr. WAF 612
  • Bildnis eines Gelehrten. Karlsruhe, Staatliche Kunstsammlung Inventar-Nummer 139 [2]
  • Kreuzigung. Bernkastel-Kues, St. Nikolaus-Hospital
  • Kreuzigung, um 1465. Köln, Wallraf-Richartz-Museum
  • Kreuzabnahme, um 1465. Köln, Wallraf-Richartz-Museum
  • Maria mit Kind und Hl. Bernhard, um 1480. Köln, Wallraf-Richartz-Museum
  • Maria auf der Mondsichel. Bamberg , Residenzmuseum, Inv.-Nr. WAF 647

  • Katharina Liebetrau, LVR-LandesMuseum Bonn: Meister des Aachener Marienlebens - Gemälderestaurierung: Untersuchungs- und Restaurierungsbericht eines Tafelbildes Inventarnummer: 22476 (GK 135 A), o.J. Online aufgerufen Februar 2010 [1]
  • A. L. Plehn: Farbensymmetrie und Farbenwechsel; Prinzipien deutscher und italienischer Farbenverteilung. Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Hkitz & Mündel 1911, S.81- 82
  • BStGS K-R Bestandsliste der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen K-R,. o.J.
  • Wallraf-Richartz-Museum & Foundation Corboud: Vollständiges Verzeichnis der Gemäldesammlung. 1986 und Wallraf-Richartz-Museum & Foundation Corboud:: Altkölner Malerei. Katalog des Wallraf-Richartz-Museum XI. 1990
    • F. Burger et al. (Hrsg.): Handbuch der Kunstwissenschaft – Die Deutsche Malerei vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance. Bd. 11. Potsdam-Neubabelsberg 1924.
    • Der Meister des Marienlebens. In: G. Goldberg und G. Scheffler: Altdeutsche Gemälde. Köln und Nordwestdeutschland. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen. Alte Pinakothek, Gemäldekataloge 14). München 1972 S. 352ff.
    • H. M. Schmidt: Der Meister des Marienlebens und sein Kreis: Studien zur spätgotischen Malerei in Köln. Schwann-Verlag, 1978
    • F.-G. Zehnder: Gotische Malerei in Köln, Altkölner Bilder von 1300 - 1550. 2. Aufl. Köln 1993.
    • A. Scherer: "Drei Meister – eine Werkstatt. Die Kölner Malerei zwischen 1460 und 1490", Diss. phil. Heidelberg 1997 (Microfiche).
    • A. Scherer: Neues zum Meister des Marienlebens. In: F. M. Kammel und C. B. Gries: Begegnungen mit alten Meistern. Altdeutsche Tafelmalerei auf dem Prüfstand (Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Wissenschaftliche Beibände, 17), Nürnberg 2000, S. 123-137.

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    Meister der Verherrlichung Mariae –

    Der Meister der Verherrlichung Mariae war ein im Köln des Mittelalters um 1460–1470/80 oder 1493 tätiger Maler. Da sein wahrer Name unbekannt ist, wird er nach einem seiner Werke benannt.Seine Verkündigungsdarstellungen werden besonders durch ihre Detaildarstellungen und ihre Räumlichkeit ausgezeichnet[1]. Auch die Gesamtansicht von Köln mit Siebengebirgspanorama im Hintergrund seines Bildes Anna selbdritt ist „spektakulär“ wegen Realismus und Präzision, mit der der Maler die Stadt dargestellt hat[2]. Er war wohl auch teilweise von niederländischen Malern seiner Zeit wie Roger van der Weyden beeinflusst.Besonders das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in Köln versammelt seine Werke.

    • Anbetung der Könige, um 1480 – Öl/Tempera auf Eichenholz; Aachen, Suermondt-Ludwig Museum
    • Anna selbdritt und die heiligen Christophorus, Gereon und Petrus, um 1475 – Öl/Tempera auf Eichenholz; Köln, Wallraf-Richartz-Museum WRM 0120
    • Verherrlichung Mariens, 1470 – Öl/Tempera auf Eichenholz; Köln, Wallraf-Richartz-Museum WRM 0119

  • so z.B. S. Lüken: Die Verkündigung an Maria im 15. und frühen 16. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht 2000. S. 133
  • Fluß hinter Gittern, Frankfurter Allgemeine, Buchbesprechungen, 5. November 2002
    • T. Blisniewski: Kaiser Augustus und die Sibylle von Tibur : ein Bildmotiv des Meisters der Verherrlichung Mariae im Wallraf-Richartz-Museum. In: Kölner Museums-Bulletin 2005,3, S. 13–26
    • T. Nagel: Weihnachtsvision – Bild der 51. Woche – 22. bis 28. Dezember 2008. In: Museen in Köln, museenkoeln.de (2008)
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    Meister der Heiligenmartyrien –

    Als Meister der Heiligenmartyrien wird ein spätgotischer Maler bezeichnet, der gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Österreich in Wien tätig war. Der namentlich nicht bekannte Meister erhielt seinen Notnamen nach zwei von ihm geschaffenen Tafelbildern, die die Martyrien des seligen Thiemo von Salzburg und eines heiligen Bischofs, vermutlich des Erasmus von Antiochia darstellen. Der Meister hatte die heute in der Österreichischen Galerie Belvedere zu findenden Bilder um 1495 vermutlich für Stift Klosterneuburg geschaffen. Sie waren wohl Teil eines Altares, zu dem auch ein drittes erhaltenes Bild gezählt wird, das den Markgraf Leopold III. und die Gründungslegende des Stifts Klosterneuburg zeigt.Der Meister der Heiligenmartyrien steht in der Nachfolge des Meisters des Wiener Schottenaltars und gilt als Vorläufer der so genannten Donauschule.

    Vom Meister der Heiligenmartyrien sind in der Österreichischen Galerie Belvedere erhalten:
    • Martyrium des sel. Thiemo (Vorderseite); Drei kniende Stifterinnen (Rückseite)
    • Martyrium des hl. Erasmus
    • Der hl. Leopold und die Erbauung von Stift Klosterneuburg
    Dem Meister werden weiter noch Tafelbilder in Klosterneuburg, Seitenstetten und Wiener Neustadt zugeschrieben.

    • Digitales Belvedere, Meister der Heiligenmartyrien
      • 4873 Martyrium des sel. Thiemo (Vorderseite); Drei kniende Stifterinnen (Rückseite)
      • 4874 Martyrium des hl. Erasmus
      • 4875 Der hl. Leopold und die Erbauung von Stift Klosterneuburg

    • E. Baum: Katalog des Museums mittelalterlicher österreichischer Kunst. Wien 1971
    • H. Krauss, E. Uthemann: Was Bilder erzählen: Die klassischen Geschichten aus Antike und Christentum in der abendländischen Malerei. München 2003
    • Niederösterreichisches Landesmuseum (Hrsg.): Der heilige Leopold. Landesfürst und Staatssymbol (Katalog der Niederösterreichischen Landesausstellung im Stift Klosterneuburg 1985). Wien 1985
    Normdaten: PND: 137130597 (PICA) | WP-Personeninfo}

    Giovannino de’ Grassi –

    Giovannino de’ Grassi (* ungefähr zwischen 1340 und 1350 in Mailand; † 6. Juli 1398) war ein italienischer Maler, Buchmaler, Bildhauer und Baumeister der Spätgotik, einer der Begründer und Hauptvertreter des sogenannten „Weichen Stils“ (synonym auch: „Internationaler Stil“, „Schöner Stil“), der in der Lombardei unter der Regentschaft der Visconti sein Zentrum und seine Hochblüte hatte (daher auch „Mailänder Schule der Spätgotik“ genannt).

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    „Die Ewigkeit und die Einsiedler“. Miniatur aus dem Stundenbuch des Gian Galeazzo Visconti. Original in der Biblioteca Nazionale di FirenzeDas Geburtsjahr von Grassi ist nicht genau bekannt. Er war ein Schüler von Giotto di Bondone (* um 1266; † 1337) und Taddeo Gaddi (* um 1300; † 1366). Zunächst war Grassi in Florenz, später in Mailand tätig. Er war in vielen bildenden Künsten begabt, weshalb wohl die in Mailand residierenden Visconti auf ihn aufmerksam wurden. Seine Tätigkeit als Künstler am Hof der Visconti ist ab 1389 belegt.Seine Position am Hofe ermöglichte ihm, mit den Werken zeitgenössischer Künstler an den Höfen in ganz Europa und den Baumeistern der bedeutendsten Kathedralbauten (neben Padua und Bologna auch Paris, Dijon, Strassburg, Ulm und Prag) stets eng vertraut zu sein. Stilistische Bezüge seines Werkes zu anderen Zentren höfischer Kunst in Europa, insbesondere ein direkter Einfluss des Französischen und Rheinischen auf die Gestaltung der am Hof der Visconti entstandenen Manuskriptminiaturen, sind erkennbar. Grassi entwickelte in diesem Rahmen jedoch eine ganz eigene Stilausprägung.

    Am bekanntesten ist Grassi als Maler und Entwerfer. Er beherrschte meisterhaft die naturalistisch genaue Wiedergabe beobachteter Details, wie sie charakteristisch für die italienische Spätgotik ist und im restlichen Europa seinerzeit außergewöhnlich war. Unter Einsatz transparenter und intensiver Farben, von einem etwas gedämpften, eher diffusen Licht beleuchtet, schuf er märchenhaft anmutende Landschaften mit hochnaturalistischen Szenerien. Über die formalen Ziele der hochgotischen Kunstsprache hinaus, strebte die an den norditalienischen Fürstenhöfen im späten 14. Jahrhundert entstandene und besonders im frühen 15. Jahrhundert aufblühende überregionale (daher auch „Internationale Gotik“ genannte) Kunstrichtung durch intensive Naturstudien eine malerische Umsetzung der beobachteten Dinge an. Neben Giovannino de’ Grassi sind als Begründer und Hauptvertreter Stefano da Verona, Gentile da Fabriano und zeitlich zuletzt Pisanello zu nennen. Zu den hervorragendsten lombardischen Malern dieser Periode zählt neben Giovannino de’Grassi und Michelino da Besozzo insbesondere Giovanni da Milano.

    Grassi war als Zeichner und Bildhauer sowie als Planer und (beratender) Baumeister auch beim Bau des Mailänder Domes beteiligt, der 1386 durch den Herzog Gian Galeazzo Visconti veranlasst wurde. 1389 wird Grassi erstmals als Maler an der Kathedrale erwähnt. 1391 wird er als campomaestro (Meister im Verband der Dombauhütte) bezeichnet, also etwa gleichzeitig wie die dort tätigen französischen Bildhauer und Architekten. Über seine Aktivitäten ist jedoch wenig bekannt. Es sind Entwurfszeichnungen für Fensterumrahmungen und Kapitelle erhalten. Ein marmornes „Schmerzensmann“-Basrelief (Jesus am Kreuz) aus dem Jahr 1396 in der südlichen Sakristei wird ihm zugeschrieben (alternativ Giovanni di Fernach, der dort 1387–93 nachweisbar ist). Grassi war zudem Berater beim Bau der Kathedrale von Pavia. Außerdem werden ihm der Hauptaltar der Basilika Sant’Eustorgio in Mailand, der alte Marmoraltar der Kirche San Michele Maggiore in Pavia sowie Entwurf und Ausführung der Innenarchitekturen der Kirche San Stae in Venedig zugeschrieben (um 1709 erbaut; Bauherr war der Doge Alvise Mocenigo).




    „Die Verheiratung der Jungfrau“. Miniatur aus dem Stundenbuch des Gian Galeazzo Visconti. Original in der Biblioteca Nazionale di Firenze

    Im Vorgriff auf seine Ehe mit Maria von Aragon beauftragte Gian Galeazzo Visconti Giovannino de’Grassi, fast fünfzig Miniaturen für ein illustriertes Stundenbuch (Gebetbuch) der Familie Visconti (italienisch: Uffiziolo Visconti) zu fertigen. Grassi begann unter Mitarbeit seines Sohnes Salamone ab 1370 mit der Arbeit, starb jedoch nach Gestaltung der ersten Seiten, so dass die Gestaltung zunächst von Mitarbeitern seines Ateliers fortgesetzt wurde. Jedoch starb wenige Jahre später (1402) auch der Auftraggeber und Finanzier noch vor Vollendung des Werkes. Daher wurden die Arbeiten am Buch zunächst eingestellt. Erst nachdem der Sohn von Giangaleazzo, Filippo Maria, zum Herzog ernannt worden war, wurde es 1412 von Luchino Belbello aus Pavia (Belbello da Pavia) fertiggestellt.Das heute zwei Bände umfassende Prachtwerk (die Miniaturen sind alle mit Gold verziert) war zunächst als ein Band gedacht. Die Auftrennung in die heute bestehenden zwei Teilbände (Band 1: 302 Seiten im Format 247 x 175 mm, Band 2: 334 Seiten im Format 250 x 179 mm) rührt wahrscheinlich daher, dass Grassis Mitarbeiter den Buchschmuck nicht fertiggestellt haben. Aufgrund von Untersuchungen der Heftlöcher nimmt man an, dass die beiden Teile auch nie zusammengebunden waren.Während also die Miniaturen im ersten Band aus der Hand Grassis bzw. seiner Mitarbeiter stammen, schuf Belbello in seinem eigenen Stil die des zweiten Bandes. Insbesondere das unter Verwendung kräftiger Grün-, Blau- und Purpurtöne entstandene sogenannte „Marienoffizium“ zählt hierbei zu den bemerkenswertesten Motiven.Das Stundenbuch wird als bedeutendstes seiner Art in Italien angesehen. Es wird heute in der Nationalbibliothek Florenz aufbewahrt (Signaturen: Banco Rari 397 und Landau Finaly 22).

    Grassi hinterließ außerdem ein Musterskizzenbuch (auch Codex genannt, italienisch: Taccuino di disegni, entstanden 1398) mit rund 77 Zeichnungen und Malereien auf 62 Seiten aus Ziegenpergament.Das Werk enthält auf fünf Blättern auch ein gotisches Buchstabenalphabet, dessen 24 Zeichen aus menschlichen und tierischen Figuren zusammengesetzt sind (u.a. Musikanten, Engel, Löwen, Stiere). Bildbuchstaben bzw. Menschenalphabete sind ein beliebtes Mittel der Mnemotechnik, weil zur damaligen Zeit Analphabetismus weitverbreitet war. Bemerkenswert ist, dass die Figuren jeweils vor Teile der Initiale (Schäfte, Bögen) gestellt wurden, die Pose daher der Form der Schriftzeichen angepasst werden musste.Die einzelnen Lagen haben verschiedenste Formate, die Seiten sind selbst innerhalb einer Lage verschieden beschnitten und ohne erkennbares System zusammengestellt. Die Forschung nimmt daher an, dass zumindest im ersten Jahrhundert nach Entstehen der Zeichnungen die Vorlagen Malern und Zeichnern je nach Bedarf einzeln gegeben wurden und erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts als Buch in seiner heutigen Form zusammengestellt wurden.Die Zeichnungen und Malereien zeigen Grassis große Phantasie in der Gestaltung der dekorativen Bordüren und Friese, seine Vorliebe für Naturmotive, lebhafte Darstellungen von Wild- und Haustieren (darunter Schafe, Löwen, Strauße, Stachelschweine, Affen), Skizzen mit menschlichen Figuren in verschiedenen Alltagssituationen (z.B: Frauen beim Leierspiel oder beim Lesen), detailliert wiedergegebene Landschaften, sowie Blumen und heraldische Embleme.Das Musterbuch von Grassi gilt als eines der Hauptwerke der Miniaturmalerei der italienischen Spätgotik und ist ein einflussreicher Vorläufer der sehr realistischen Miniaturen des lombardischen „Tacuinum Sanitatis“ (das lombardische Tacuinum sanitatis befindet sich heute in der französischen Nationalbibliothek in Paris). Eine dieser Darstellungen, Hunde die ein Wildschwein jagen, findet sich beispielsweise direkt wieder bei den Limburg-Brüdern in der Miniatur des Monats Dezember aus ihrem berühmten spätgotischen Stundenbuch „Très Riches Heures“ für den Herzog von Berry.Nur die ersten sieben Blätter können jedoch mit einiger Sicherheit Grassis eigener Hand zugeschrieben werden. Die anderen stammen aus den ersten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts. Das Sie sind teilweise Kopien von Vorbildern und wohl zum einen verschiedenen Mitarbeitern seiner Werkstatt zuzuschreiben, zu der wahrscheinlich auch sein Bruder und sein Sohn Porrino Salomone zählten, zum anderen seinen direkten Nachfolgern. Einer der bedeutendsten Schüler aus Grassis Werkstatt war Michelino da Besozzo. Laut Maria Grazia Recanati datiert auch das Alphabet um etwa 1410 und zeigt zumindest den Einfluss oder gar die Hand eines Künstlers, der mit dem Notnamen Meister des Stundenbuchs von Modena bezeichnet wird (oft identifiziert als Tomasino da Vimercate, 1390–1415, der für den Hof der Visconti tätig war und Ende des 14. Jahrhunderts in der Werkstatt von Giovannino de’ Grassi gearbeitet hatte).Der Verbleib der Musterskizzen im späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts ist nicht geklärt. Aufgrund eines Vermerkes im Buch wird vermutet, dass es in Besitz der Familie L’Olmo (oder Lolmo) gelangte, die im späten 16. Jahrhundert als Kalligraphen in Bergamo arbeiteten. Später kam es in Besitz der Familie Licinio und danach von Alessandro Tassi (1691–1771). Nach dessen Tod besaß es Graf Leonino Secco Suardo. Dieser Gelehrte war Mitarbeiter der Handschriften-Katalogisierung der Bibliothek von Bergamo (heute Biblioteca Civica Angelo Mai) und schenkte es dieser 1845. Das Musterbuch des Giovannino de’ Grassi ist die bekannteste und wertvollste Handschrift der Bibliothek. 1997 wurde es restauriert und kurz danach eine Faksimile-Ausgabe herausgegeben (Signatur: Cassaf. 1.21).

    Der Werkstatt von Giovannino de’ Grassi bzw. ihrem Umkreis werden aufgrund naturalistischer Darstellungsweise und der maltechnischen Eigenheiten, Farbe, bzw. Ornamentik die Mitarbeit an weiteren Werken der Buchmalerei der italienischen Spätgotik bzw. Frührenaissance zugeschrieben. Dazu gehören:
    • die 24 Frontispize zur alphabetisch geordneten Historia Plantarum, dem Ende des 14. Jahrhunderts entstandenen Herbarium des deutsch-böhmischen Königs Wenzel IV. (1361-1419), ein insgesamt mit über 600 Miniaturen auf 295 Blättern ausgestattetes Kompendium der Pflanzenheilkunde (heute Ms 459 in der Biblioteca Casanatense, Rom). Ein weiteres Indiz sind die enge Beziehungen, die Gian Galeazzo und König Wenzel unterhielten. Das Herbarium ist vermutlich ein Geschenk von Gian Galeazzo an den König.
    • ein Tacuinum Sanitatis, entstanden um 1380 (Universitätsbibliothek Lüttich, Ms. 1041)
    • ein weiteres Tacuinum sanitatis, entstanden kurz vor 1400 (Französische Nationalbibliothek, Paris, Ms. lat. nouv. acq. 1673)
    • mindestens eine Miniatur aus dem Hausbuch der Familie Cerruti (Spargelpflücker), entstanden im späten 14. Jahrhundert (Österreichische Nationalbibliothek, Wien)
    • die meisten Illustrationen im Codex Astensis (auch De Malabayla genannt; italienisch: Codice d'Asti), einer im 14. Jahrhundert entstandenen Chronik der Region um Asti.
    • Stundenbuch der Isabella von Kastilien (L´Aja, Koninklijke Bibliotheek)

    • Das Musterbuch des Giovannino de Grassi : Biblioteca Civica "Angelo Mai", Bergamo, Cassaf.1.21. Faksimile-Verlag, Luzern 1998, ISBN 3-85672-070-7 (Band 1: Faksimile der Ausgabe von 1398, Band 2: Kommentar zum Codex)
    • Taccuino di disegni di Giovannino De Grassi: Bibliotheca Civica "Angelo Mai" di Bergamo Cassaf. 1.21. Il Bulino ed. d’arte, Modena 1998 (italienische Ausgabe des Faksimile, ebenfalls 2 Bände)
    • Antonio Cadei: Studi di miniatura lombarda: Giovannino de Grassi, Belbello da Pavia (Studi di arte medievale, Band 1). Viella, Roma 1984, ISBN 88-85669-05-0
    • Marco Rossi: Giovannino de Grassi. La corte e la cattedrale. Silvana, Cinisello Balsamo 1995, ISBN 88-366-0500-1
    • Giovannino de Grassi:Taccuino di desegni (Monumenta Bergomensia, Band 5), Monumenta Bergomensia, Bergamo 1961
    • Albert Jan Elen: Italian Late-Medieval and Renaissance drawing-books. From Giovannino de 'Grassi to Palma Giovane. A codicological approach. Elinkwijk, Utrecht 1995; Zugleich: Leiden, Univ., Diss., 1995; ISBN 90-9008004-X
    • Edith W. Kirsch: The Visconti Hours. The patronage of Giangaleazzo Visconti and the contribution of Giovannino dei Grassi. Princeton University, Diss., Princeton, NJ 1981
    • Marco Rossi: Animalia: il taccuino di disegni di Giovannino de Grassi e bottega della Biblioteca civica Angelo Mai di Bergamo. Libri Scheiwiller, Milano 1991
    • Sergio Samek Ludovic: Alfabeto di Giovannino De Grassi. Stab. pol. Artioli, Modena 1958
    • Vera Segre Rutz: Lo studio del vero del mondo animale nella bottega trecentesca di Giovannino de' Grassi. In: Micrologus: natura, scienze e societa medievali. Band 8, 2000, S. 477–487, SISMEL, Edizioni del Galluzzo, Firenze 2000
    • Marco Rossi: Fantasie architettoniche di Giovannino de Grassi. In: Arte lombarda. Band 1–3, 2006, S. 45–54
    • Milvia Bollati: Giovannino e Salomone de Grassi. 1988
    • Maria Luisa Gatti Perer: Appunti per l’attribuzione di un disegno della Raccolta Ferrari. Giovannino de’Grassi e il Duomo di Milano.
    • Letizia Stefani: Per una storia della miniatura lombarda da Giovannino de’ Grassi alla scuola cremonese della 2. meta del Quattrocento: appunti bibliografici. In: La miniatura italiana tra Gotico e Rinascimento. Band 2, S. 823–881, Olschki, Firenze 1985
    • Giulio Orazio Bravi und Maria Grazia Recanati: Il taccuino di disegni di Giovannino de’ Grassi. Universita degli studi, Bergamo 2005
    • M. Matteini, L. Montalbano, C. Rossi und M. G. Vaccari: Giovannino de’ Grassi’s model-book from the Civic Library of Bergamo. Scientific analyses, studies of the techniques and restoration. In: The Conservation: une science en évolution. Bilan et perspectives, Actes des troisèmens journèes internationales d’études de l’ARSAG. Paris 1997, S. 116–128
    • A. Aldrovandi, M. Bacci, L. Bussotti, E. Castellucci, F. Lucarelli, P. A. Mando’, M. Matteini, G. P. Mei, L. Montalbano, M. Piccolo, B. Radicati, C. Rossi, M. Silli und M. G. Vaccari: Il Taccuino di Giovannino de’ Grassi della Biblioteca Civica di Bergamo: tecnica di esecuzione e restauro. In: OPD (Opificio delle Pietre Dure) restauro. Band IX, 1997, S. 15–37
    • L. Montalbano, M. Piccolo und M. G. Vaccari: Painting on Parchment besides Miniatures: Scientific Analyses and a Study of the Artistic Techniques of Giovannino de’ Grassi’s Model Book. In: Painting Techniques History, Materials and Studio Practice, Atti del Convegno dell’IIC, a cura di A. Roy and P. Smith, Dublin-London 1998, S. 55–58
    • Grazia Recanati (Verf.), Judith Landry (engl. Übersetzung): The Taccuino of Giovanni de’ Grassi. A fabulous bestiary. In: FMR (Hrsg.: Franco Maria Ricci), Heft 8, September 2005, S. 107 ff.
    • Attilio Rossi: Omaggio all’Alfabeto. Mailand 1990
    • Ulrike Jenni: Das Skizzenbuch der internationalen Gotik in den Uffizien. Der Übergang vom Musterbuch zum Skizzenbuch. 1976

    Normdaten: PND: 119398249 (PICA) | LCCN: n84005699 | VIAF: 18030983 | WP-Personeninfo}